Mein Freund der Landwirt
Immer wieder geraten wir hier im Dorf an den Punkt, daß wir alle sehr unter der derzeitig in unserer direkten Umgebung vorherrschenden industriellen Landwirtschaft leiden.
Die Großagrarier vernichten immer mehr naturnahe Restflächen, sie düngen und Spritzen, was das Zeug hält. Sie halten an der tierquälerischen Intensivmilchwirtschaft fest und beschäftigen kaum noch Angestellte. Die Produkte ihrer Wirtschaftsform kommen der Region nicht zu Gute, sondern stützen die herrschenden Konzernstrukturen. All das ist bekannt.
Und doch sind wir mit einigen dieser Landwirte befreundet. Mitunter ertappen wir uns schon dabei, daß wir in unseren Diskussionen die Rechtfertigungsstrategien der Landwirte gegeneinander auffahren.
Das kommt alles von der EU. Die Förderpolitik ist so.
Die Welternährung muß gesichert sein.
Es geht nicht anders.
Das ist alles gut und gesund was wir hier machen.
Das war früher auch nicht anders.
Wer auf dem Land lebt, muß das in Kauf nehmen – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Auf der anderen Seite sind sie Menschen wie du und ich, mit all ihren Problemen und kleinen Freuden, die auch oft im Bioladen einkaufen und oft selbst in ihren Familien oder gar in sich selbst dieses Spannungsfeld erleben.
Während diese Art der Landwirtschaft konsequent weitergefördert wird, weil offensichtlich ein Landschaftsbild ebensowenig zählt wie eine Arbeitgeberfunktion oder ein Beitrag zu Gesundheit, Artenvielfalt und Kleinteiligkeit, sondern das Leerfegen der Landschaften das Ziel zu sein scheint.
So gehen wir denn entweder mit Scheuklappen durch die Gegend und verdrängen die Menschen hinter diesem Raubbau, oder wir begegnen den Menschen als Freunden und verengen den Blick, verdrängen ihr Tun.
Daß wir in unseren Gesprächen immer wieder an den Punkt kommen , liegt auch daran, daß es hier einen Landwirt, der den Begriff „Bauer“ noch verdient, nicht existiert, gäbe es einen, man hätte einen Indentifikationspunkt und könnte auch wieder Hoffnung schöpfen für die Region.