Einwendungen und Anregungen
An den Regionalen Planungsverband Vorpommern
Am Garzberg Haus 8
17489 Greifswald
poststelle@afrlvp.mv-regierung.de
Hinterlandbühne Rügen, e.V.
Schweikvitz 7
18569 Kluis
Betreff: WEG 1/2015 Gingst
Kluis im Januar 2019
Sehr geehrte Damen und Herren,
unsere Einwendungen (siehe unten) aus dem Jahr 2017 erhalten wir hiermit aufrecht, da wir die Entgegnungen auf dieselben nicht nachvollziehen können.
Darüber hinaus geben wir Folgendes zu bedenken:
- Angesichts des seit einigen Jahren zunehmenden Baubooms (B96n, Feriensiedlungen, Wohngebiete, Gewerbegebiete usw.) halten wir eine Ansammlung über viele Kilometer sichtbarer industrieller Windenergieanlagen bei Gingst für eine weitere deutliche Verschlechterung des ohnehin stark beeinträchtigten Landschaftsbildes.
- Die Kulturarbeit des Vereins Hinterlandbühne Rügen, gem. e.V., im Park Pansevitz unweit von Gingst entwickelte sich in den letzten Jahren in sehr erfreulicher Weise. Die Befragung unseres Theaterpublikums im Park ergab eine klare Ablehnung der in Aussicht genommenen Windanlagen! Wir befürchten, dass die Errichtung der WEA dazu führen würde, dass wir unsere künstlerisch-kulturelle Arbeit im Park einstellen müssten.
- Die erfreuliche finanzielle Unterstützung durch die Gemeinde Kluis, die Ehrenamtsstiftung MV, Stiftung Schlosspark Pansevitz, den Landkreis VR und das Land MV und verschiedene private Sponsoren wäre dadurch ebenfalls gefährdet, was unsere gesamte weitere Kulturarbeit infrage stellte.
- Insbesondere lässt sich die Frage stellen, warum das Land auf der einen Seite Kultur und bürgerliches Engagement unterstützt und selbiges auf der anderen Seite untergräbt.
- Die drohende Errichtung der WEA entgegen dem Willen einer deutlichen Mehrheit der hiesigen Bevölkerung führt schon seit einigen Jahren zu Konflikten und zunehmendem Vertrauensverlust in demokratische Entscheidungsfindungen. Im Übrigen werden populistische Demagogen gestärkt. Bei weiterer Zunahme von Unmut und Enttäuschung in der Bevölkerung sehen wir unsere zukünftige gesellschatliche und kulturelle Arbeit auf der Grundlage von Freiheit, Aufklärung, Toleranz und Weltoffenheit erschwert bis gefährdet.
- Die vorhandenen konstruktiven Prozesse gemeinschaftlicher Entwicklungen (zB Bürgerenergie, Wertschöpfung in der Region, Teilhabe der ansässigen Bevölkerung…) würden durch die Ausweisung einer Windenergieeignungsfläche bei Gingst bedroht.
Für den Verein Hinterlandbühne Rügen, gem. e.V.,
Boris Hruschka, 1. Vorsitzender Klaus Wondratschek, 2. Vorsitzender
Gegen das Eignungsgebiet für Windenergieanlagen B.1.1. bei Gingst auf
Rügen haben wir folgende Einwendungen:
- Landschaftsbild
– Ein durch Industrieanlagen unbeeinträchtigtes Landschaftsbild ist
eine der wesentlichen Grundlagen für die Attraktivität der Tourismusregion Rügen.
– Anlagen einer Höhe von 200 m erdrücken das recht flache Landschaftsprofil.
– Die Bewegung der Rotoren zieht die Aufmerksamkeit auch des entfernten
Betrachters auf sich und verhindert so das ruhige Wahrnehmen der
Landschaft, deren Genuss selbst bei stark selektiver Betrachtung kaum
noch möglich ist.
– Die Region ist bislang durch Lichtverschmutzung kaum beeinträchtigt.
Rot blinkende Anlagen schüfen ein völlig verändertes Nachtbild.
Es steht zu befürchten, dass der Bau von Windenergieanlagen bei Gingst auf Rügen negative Auswirkungen auf die Attraktivität der Region Westrügen für Touristen und Anwohner hätte. - Kulturhistorische Bedeutung der näheren Umgebung
– Der denkmalgeschützte Schlosspark Pansevitz, die denkmalgeschützte
Gutsanlage mit Park in Boldevitz, die (ehemaligen) Gutsanlagen in
Schweikvitz, Gagern, Varsnevitz, das Dorf Kluis, die Gemeinde Gingst
sind durch Alleen miteinander verbunden als Teil einer Anfang des 19.
Jahrhunderts angelegten Landschaftskonzeption. Sie sind Bestandteil der
„Deutschen Alleenstraße“.
– In der Umgebung der möglichen Anlagen befinden sich noch weitaus ältere,
landschaftprägende Bauwerke wie die mittelalterlichen Kirchen (Gingst,
Rappin, Patzig, Trent) sowie die Hügelgräber bei Woorke und der Burgwall
nebst Gutshaus in Venz.
– All diese kulturhistorischen Besonderheiten stellen einen wichtigen
Anziehungspunkt für den eher individuell geprägten und auf Qualität
achtenden Tourismus Westrügens dar.
Es steht zu befürchten, dass die Errichtung von Windenergieanlagen in
der Region eine abschreckende Wirkung auf diese Art des Tourismus hätte. - Kultur
Der Schlosspark Pansevitz ist für den Verein Hinterlandbühne Rügen,
e.V., über die Jahre ein wichtiger Veranstaltungsort in der Sommersaison
geworden. Charakteristisch für die Theateraufführungen dort ist das
Erleben der stillen nächtlichen Atmosphäre im Park ohne
Mikrofonverstärkung bei natürlichem Mondlicht.
Diese einzigartigen „Mondscheinspaziergänge“ finden bei Einheimischen
wie Gästen großen Anklang und tragen zum Lebensunterhalt der Akteure bei.
Die Arbeit des Hinterlandbühne Rügen, e.V., im Schlosspark Pansevitz
wird finanziell unterstützt durch den Landkreis Vorpommern-Rügen, die
Gemeinde Kluis, die Ehrenamtsstiftung MV und die Stiftung Schlosspark
Pansevitz.
Es steht zu befürchten, dass bei der hier vorherrschenden Windrichtung
aus Südwest die Theateraktivitäten im Schlosspark Pansevitz durch die
Geräuschbelastung seitens der Windenergieanlagen sowie durch die
nächtliche Befeuerung derselben in einer Weise beeinträchtigt würden,
die eine weitere künstlerische Arbeit dort unmöglich machten. - Natur- und Artenschutz
In Belangen des Natur- und Artenschutzes schließt sich der Verein Hinterlandbühne Rügen, e.V., den Einwendungen der Naturschutzverbände (NABU usw.) an. - Soziale Aspekte
– Menschen vor Ort, die einen Teil ihres Lebensunterhaltes durch die Vermietung von Ferienwohnungen bestreiten, hätten mit Einbußen zu rechnen, da gerade die Region Westrügen Touristen anzieht, die eine ruhige unbeeinträchtigte und wenig überlaufene Umgebung suchen.
– In der Nähe der Windenergieanlagen befindliche Immobilien könnten an Wert verlieren.
– Die Errichtung eines überdimensionierten Windparks, von dem nur der Landbesitzer, der Betreiber und wenige gut betuchte Beteiligte profitieren, der Großteil der Einwohner in der Umgebung jedoch nur Schaden davon hat, schüfe Unfrieden und Spaltung in der Region, schadete der Akzeptanz der Energiewende und förderte die Politikverachtung.
Es steht zu befürchten, dass eine Kompensation der Geschädigten kaum möglich wäre, u.a., weil sich die Sichtbarkeit der Anlagen auf einen weiten Umkreis erstreckte. - Politik
– Um das Jahr 2000 herum haben sich hier viele engagierte und naturliebende Menschen angesiedelt. Damals verlautete von offizieller Seite, die Windenergienutzung für Rügen sei ausgeschöpft, mit weiteren Anlagen sei nicht zu rechnen. Viele Menschen vertrauten in ihrer Lebensplanung darauf.
– Die gegenwärtige Subventionspolitik führt zu einer Umverteilung „von unten nach oben“.
Es steht zu befürchten, dass das Prinzip „Nutzen privatisieren, Kosten und Schaden sozialisieren“ die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung unterliefe.
ANREGUNGEN:
Eine dezentrale energetische Selbstversorgung Rügens mindestens unter Bewahrung des bestehenden Landschaftsbildes könnte die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen beenden, die Wertschöpfung in der Region halten und zum allgemeinen Wohlstand beitragen.
Statt neue Überkapazitäten zu fördern (auf Kosten der Anwohner und Stromkunden), sollte in dezentrale Speicher (Elektromobilität, Solaranlagen und Hausbatteriesysteme) investiert werden.
Diese Techniken stehen bereit, werden aber bislang für Hausbesitzer und Privatinvestoren nur marginal gefördert.
Für den Verein „Hinterlandbühne Rügen“
Die Vorsitzenden
Boris Hruschka
Klaus Wondratschek